Zweierlei Maß: Warum bei Corona der Ausnahmezustand herrscht, aber nicht beim Klimawandel…
von Fabian Scheidler
Deutschland und andere Industriestaaten erlegen ihren Bevölkerungen und ihrer Wirtschaft ein Schockprogramm auf, um die Corona-Epidemie einzudämmen. Dabei werden Maßnahmen ergriffen, die in ihrem Ausmaß ohne Beispiel in der jüngeren Geschichte sind: Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit und die Freiheit der Person werden suspendiert, ebenso das Grundrecht auf Asyl. Große Teile der Wirtschaft werden lahmgelegt, darunter fast die gesamte Kulturbranche, die Gastronomie, der Sport, der Tourismus und sogar – bisher unvorstellbar – die Autoindustrie und der Flugverkehr.
Vergleicht man diese Maßnahmen mit der Reaktion auf eine andere, weitaus schwerwiegendere Krise, nämlich die Bedrohung des Lebens auf der Erde durch Klimawandel und Artensterben, fällt ein deutlicher Kontrast ins Auge: Während sich die Staaten in der Corona-Epidemie als extrem handlungsstark erweisen und für einen höheren Zweck – die Gesundheit ihrer Bürger – auch auf kurzfristige Wirtschaftsinteressen keinerlei Rücksicht nehmen, ist in der Klimafrage seit 40 Jahren so gut wie nichts passiert. Weder liegen verbindliche Reduktionsziele vor, die auch nur im Entferntesten mit dem 2-Grad-Ziel (Wikipedia: Das 2-Grad-Ziel beschreibt das Ziel der internationalen Klimapolitik, die globale Erwärmung bis zum Jahr 2100 auf weniger als zwei Grad Celsius gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu begrenzen) vereinbar sind, noch gibt es einen ernstzunehmenden Plan für den schnellen Umbau der Infrastrukturen und der Ökonomie.